Bei manchen Zahn- und Kieferfehlstellungen ist eine kieferorthopädische Frühbehandlung notwendig. Etwa ab dem sechsten Lebensjahr werden Frühbehandlungen durchgeführt. Nur in sehr selten Ausnahmefällen ist ein noch früherer Beginn sinnvoll. Diese Behandlungen dienen dazu, ausgeprägte Abweichungen früh zu harmonisieren und so die Voraussetzung für eine möglichst normale Weiterentwicklung zu schaffen. Der Gründe für die Durchführung einer kieferorthopädischen Frühbehandlung können sehr unterschiedlich sein.
In welchen Fällen ist eine kieferorthopädische Frühbehandlung sinnvoll?
- Vorbiss oder umgekehrter Überbiss
Von einem Vor- oder umgekehrten Überbiss spricht man, wenn die Schneidezähne im Unterkiefer weiter vorne stehen als die im Oberkiefer. Häufig liegt die Ursache für einen umgekehrten Überbiss in einem zu kleinen oder zurückliegenden Oberkiefer. Das Wachstum des Oberkiefers ist bereits im Alter von ca. 8-9 Jahren abgeschlossen. Um ein Wachstumsdefizit also kieferorthopädisch mit Hilfe einer Zahnspange sanft und schonend ausgleichen zu können, ist eine Frühbehandlung nötig. Später gibt es die Möglichkeit der kieferorthopädischen Wachstumsförderung im Oberkiefer nicht mehr.
- Kreuzbiss
Wenn die Seitenzähne z.B. im Unterkiefer weiter außen stehen als im Oberkiefer spricht man von einem Kreuzbiss. Oft ist bei einem Kreuzbiss der Oberkiefer zu schmal. Ober- und Unterkiefer passen dann nicht richtig zueinander, was zu einer deutlichen Seitenabweichung des Unterkiefers führen kann. Dies hat unbehandelt ein asymmetrisches Gesichtswachstum zur Folge. Außerdem ist das Dach des Mundes gleichzeitig der Boden der Nase. Kinder mit zu schmalem Oberkiefer haben daher häufig Probleme mit der Nasenatmung. Der Kieferorthopäde hat die Möglichkeit, den Oberkiefer mit speziellen Zahnspangen in der Breite nachzuentwickeln. Dadurch wird der Kreuzbiss behoben und auch die Nasenatmung wird vereinfacht. Die Voraussetzungen für eine regelrechte Weiterentwicklung werden durch die kieferorthopädische Frühbehandlung geschaffen.
- Offener Biss
Wenn nur einige Zähne Kontakt haben und man beim Zusammenbeißen zwischen den restlichen oberen und unteren Zähnen hindurchschauen kann, nennt man das einen offenen Biss. Offene Bisse können durch falsche Angewohnheiten (z.B. Daumenlutschen) oder erblich bedingt sein. Es ist wichtig, die Ursache frühzeitig zu erkennen und wenn möglich zu beseitigen, um schwerwiegende Folgen für die Gebissentwicklung zu vermeiden. Ein offener Biss kann frontal, seitlich oder auch zirkulär offen sein.
- Platzmangel
Wenn zu wenig Platz für die bleibenden Zähne vorhanden ist, kann das eine Indikation zur kieferorthopädischen Frühbehandlung darstellen. Bei besonders ausgeprägtem Platzmangel ist es sinnvoll bereits im frühen Wechselgebiss mit Zahnspangen Platz zu schaffen, um spätere Zahnextraktionen zu vermeiden.
- Großer Überbiss
Wenn eine große Stufe zwischen den oberen und unteren Schneidezähnen vorliegt spricht man von einem großen Überbiss. Das Risiko für Zahnschäden (z.B. beim Fahrradsturz, Ballspielen, Stolpern) ist bei einem großen Überbiss deutlich erhöht. In besonders ausgeprägten Fällen sollte deshalb eine Reduktion des Überbisses bereits im Rahmen einer kieferorthopädischen Frühbehandlung erfolgen. Bei geringerer Ausprägung bietet sich meist eine spätere Behandlung unter Ausnutzung des präpubertären Wachstumsschubs an.