Als international anerkannte und einzige kausale Therapie der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) gilt die Vorverlagerung beider Kiefer. Nach der Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen –
Kapitel: Schlafbezogene Atmungsstörungen“ gilt diese operative Therapie als einzige Möglichkeit, um die Ursachen einer OSA zu beseitigen und damit eine dauerhafte Heilung zu erreichen. Die Osteotomien zur Vorverlagerung von Ober- und Unterkiefer vergrößern den pharyngealen Atemweg und erhöhen dadurch gleichzeitig auch den pharyngealen Muskeltonus. Im Ergebnis reduzieren beide Effekte die Kollapsibilität des Mund-und Rachenraums und die Anzahl der schlafbezogenen Atmungsstörungen (Apnoen und Hypopnoen) wird in den allermeisten Fällen auf ein unkritisches Niveau reduziert.
Wer kommt für die kausale Therapie der obstruktiven Schlafapnoe in Frage?
Das Operationsverfahren, welches auch als maxillo-mandibuläres Advancement (MMA) bezeichnet wird, kommt insbesondere für Betroffene mit mittel- bis schwergradiger obstruktiver oder gemischter Schlafapnoe in Frage. Die Methode stellt besonders bei angeborenen Fehlbildungen (u.a. Pierre-Robin-Syndrom, Crouzon-Syndrom) oder bei anatomischen Besonderheiten der oberen Atemwege wie etwa Mikrogenie (zu kleiner Unterkiefer) oder mandibulärer Retrognathie (Rücklage des Unterkiefers in Relation zur vorderen Schädelbasis) eine hocheffiziente Therapie der OSA dar. Dennoch ist das Operationsverfahren auch für normognathe Patienten mit Schlafapnoe die einzig wirksame Therapie zur Ursachenbeseitigung.
Wie funktioniert die kausale operative Therapie?
Im Rahmen der Operation werden Ober- und Unterkiefer mittels Ultraschall-Osteotom von der Schädelbasis getrennt und horizontal inklusive einer Drehbewegung (Rotation) weiter nach vorne positioniert. Die Operation selbst findet im Weisheitszahnbereich statt. Der Einsatz eines Piezogeräts schont Nerven und Weichteile, da mittels Ultraschall nur knöcherne Strukturen getrennt werden können. Die Zeit nach dem Eingriff ist deshalb für den Patienten sehr schmerzarm. Da nur im Mundraum operiert wird, entstehen äußerlich auch keine sichtbaren Narben. Die neu positionierten Kiefer werden anschließend mittels Schrauben und Platten aus semiflexiblem Titan fixiert. Diese Vorpositionierung beider Kiefer führt gleichzeitig auch zu einer Vorverlagerung der Zunge, des Gaumens und der Gaumenbögen. Hierdurch werden die oberen Atemwege dauerhaft erweitert. Dies beseitigt die lebensbedrohlichen nächtlichen Atemaussetzer und in fast allen Fällen auch das lästige Schnarchen. Der Patient ist einen Tag nach dem Eingriff wieder mobil und kann in der Regel eine Woche nach der OP die Klinik wieder verlassen. Dem Patienten wird der Operationserfolg durch eine anschließende Polysomnografie (Schlaflaboruntersuchung) bestätigt.
Welche Erfolge werden mit der kausalen Therapie erzielt?
Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2016 mit 627 Patienten zeigte, dass mit der Kiefervorverlagerung eine substantielle Besserung des Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) um 86 % (durchschnittliche Abnahme des AHI von 64/h auf 11/h) erreicht wird. Bei 43% der Patienten konnte sogar eine vollständige Heilung (AHI unter 5/h) dokumentiert werden. Diese Therapieergebnisse waren in den Serien mit Langzeitdaten nach mehr als 2 Jahren noch unverändert vorhanden. Noch bessere Ergebnisse werden erzielt, wenn die Neupositionierung der Kiefer nicht nur horizontal nach vorne erfolgt, sondern inklusive einer Drehbewegung (Rotation) der Kiefer. An der SeegartenKlinik, Heidelberg, die sich auf Heilung der Schlafapnoe spezialisiert hat, wird die Kiefervorverlagerung mit Rotationsbewegung routinemäßig durchgeführt und im Durchschnitt bei weit über 95% der Patienten eine vollständige Heilung (AHI unter 5/h) erzielt. Bereits unmittelbar nach der Operation verschwindet das Schnarchen und der Geheilte erlebt aufgrund seiner deutlich verbesserten Atmung eine völlig neue Schlafqualität und -effektivität. Medizinische Hilfsmittel wie Überdruckbeatmungsmaske oder Protrusionsschiene werden von jetzt an nicht mehr benötigt.
Durch die dauerhafte Atemwegserweiterung wird die Sauerstoffsättigung im Blut bis zu 100% erhöht. Die merklich verbesserte Sauerstoffzufuhr wirkt sich insbesondere auf die Organe positiv aus, die besonders viel Sauerstoff verbrauchen (Gehirn und Herz). Die verbesserte Sauerstoffversorgung führt zu einer merklich höheren Lern- und Merkfähigkeit. Durch den erholsamen Schlaf profitiert der Geheilte tagsüber von einer deutlich besseren körperlichen, wie auch geistigen Leistungsfähigkeit. Bei fast allen Patienten, die sich der Schlafapnoe Operation unterzogen haben, konnte schon nach wenigen Wochen eine Normalisierung des Blutdrucks festgestellt werden. Die allermeisten Patienten können nach der OP auf die Einnahme von blutdrucksenkenden Medikamenten vollständig verzichten. Die Ursachenbeseitigung der Schlafapnoe führt auch fast immer zu einem merklichen Gewichtsverlust, da nach der Operation für ca. 6 Wochen zur Schonung der neu positionierten Kiefer nur flüssige und pürierte Kost eingenommen werden darf. Als positiver Nebeneffekt wird mit der Operation ein besseres Aussehen erzielt, da der Eingriff meist eine Fehlpositionierung der Kiefer korrigiert. Die ästhetischen Auswirkungen der OP werden deshalb von mehr als 90% der Patienten als positiv oder neutral eingestuft. Im Ergebnis führt dies zu einem gesteigerten Selbstwertgefühl und zu einer allgemein besseren Körperhaltung. Die Folge ist wiederrum ein souveräneres Auftreten.
Worin liegen die Unterschiede zwischen einer Vorverlagerung der Kiefer mit und ohne Rotation?
Bei der konventionellen bimaxillären Operation ohne Rotation erfolgt die Verlagerung der Kiefer rein horizontal nach vorne. Die maximal mögliche Vorbewegung der Kiefer ist auf ca. 10 mm beschränkt. Eine größere Vorverlagerung ist durch anatomische Limitierungen im Bereich des Oberkiefers nicht möglich. Bei schwergradiger OSA wird jedoch meist eine Vorbewegung der Kiefer von über 10 mm verlangt, um eine dauerhafte Heilung der Schlafapnoe (AHI unter 5/h) zu erreichen. Bei der konventionellen Methode ist bei schwergradiger OSA häufig nur eine Verbesserung des AHI als Erfolg zu bewerten.
Beim bimaxillären Rotation Advancement wird der Ober- und Unterkieferkomplex gegen den Uhrzeigersinn gedreht (rotiert) und gleichzeitig nach vorne verlagert. Diese Methode erlaubt eine Vorbewegung der Kiefer um bis zu 25 mm. Dadurch öffnen sich die oberen Atemwege viel weiter als bei der herkömmlichen OP-Methode. Untersuchungen an Patienten, die mittels bimaxillären Rotation Advancement operiert wurden, haben gezeigt, dass die Atemwege nicht nur in sagittaler, sondern auch in transversaler Richtung massiv erweitert werden. Zudem kommt es auch zu einer zusätzlichen Erweiterung des Nasopharynx, d.h. des obersten Teils der oropharyngealen Atemwege, wie es bei der konventionellen Operationsmethode nicht erfolgt. Die Kiefervorverlagerung mit Rotation ist somit insbesondere geeignet, um schwergradige Schlafapnoe dauerhaft zu heilen.
Bei der obstruktiven Schlafapnoe werden die nächtlichen Atemaussetzer durch eine mechanische Verengung der oberen Atemwege verursacht. Die einzige Möglichkeit die Ursachen hierfür zu beseitigen und damit Heilung von der Schlafapnoe zu erreichen, liegen in einer operativen Therapie. Diese kausale Behandlung erweitert die oberen Atemwege dauerhaft, indem sie Ober- und Unterkiefer vorverlagert. Die Obstruktion (Blockade bzw. Verengung der Atemwege) wird beseitigt und der Patient für immer von seinen nächtlichen Atemaussetzern befreit.
Gastbeitrag der SeegartenKlinik in Heidelberg: