Zahnverschiebung nach Kieferorthopädie – Sind die Weisheitszähne schuld?

Zahnverschiebung nach Kieferorthopädie

Die Zähne haben sich nach einer kieferorthopädischer Behandlung wieder verschoben  – Sind die Weisheitszähne schuld daran? Was kann man tun? Wäre das vermeidbar gewesen?
In unserer Praxis für Kieferorthopädie in München-Unterföhring erleben wir immer wieder Patienten, die uns genau diese Fragen stellen.  Als Kind oder Jugendlicher hatten Sie einmal eine Zahnspange und gerade Zähne? Nun haben die Zähne sich aber wieder etwas verschoben? Dieses Phänomen ist auch bekannt unter den Begriffen Rezidiv oder tertiärer Engstand. Verständlicherweise ist der Ärger groß, wenn die einst geraden Zähne einige Jahre nach der erfolgten Zahnkorrektur wieder schief stehen. In diesem Beitrag gibt Kieferorthopäde Dr. von Rom Antworten auf die häufigsten und wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit Zahnverschiebungen nach Zahnspangenbehandlung.

  • „Die Weisheitszähne haben meine Kiefer und Zähne verschoben.“ Was ist dran an dieser weit verbreiteten Aussage? Sind die Weisheitszähne wirklich schuld an Zahnverschiebungen nach Kieferorthopädie?
    Verschiebungen im Bereich der Schneidezähne treten besonders häufig gegen Ende des zweiten Lebensjahrzehnts auf. Das ist auch die Zeit in der die Weisheitszähne durchbrechen. Es ist also naheliegend, dass ein Zusammenhang zwischen den durchbrechenden Weisheitszähnen und dem entstehenden Engstand herstellt wird. Ist das aber berechtigt? Unzählige wissenschaftliche Arbeiten haben sich mit genau dieser Frage beschäftigt. Einige Untersuchungen konnten dabei einen gewissen Zusammenhang feststellen. Viele andere, darunter sehr große Studien, lieferten gegensätzliche Ergebnisse. Die Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO) äußert sich zum Zusammenhang zwischen Weisheitszähnen und der Entstehung frontaler Engstände in einer Stellungnahme sinngemäß wie folgt:
    Eventuell tragen die Weisheitszähne bei besonders engen Platzverhältnissen im Kiefer dazu bei, dass Zähne sich nach einer KFO-Behandlung wieder verschieben. Die Weisheitszähne sind aber, wenn überhaupt nur eine von vielen möglichen Ursachen. Wären die Weisheitszähne der einzige und wichtigste Faktor, so müssten sich diese Zahnverschiebung durch konsequente und frühzeitig Weisheitszahnentfernung vollständig vermeiden lassen. Dies ist nicht der Fall.
  • Wenn die Weisheitszähne nicht die Hauptverursacher für schiefe Zähne nach kieferorthopädischer Behandlung sind, wer ist dann schuld?
    Der Engstand der sich nach der Pubertät entwickelt, wird als tertiärer Engstand bezeichnet. Dabei handelt es sich um ein Phänomen, welches auch ohne vorausgegangene kieferorthopädische Behandlung und gänzlich unabhängig von Weisheitszähnen beobachtet wird. Es muss also andere Faktoren geben, die bei der Entstehung eines tertiären Engstandes eine Rolle spielen.
  • Wieso bewegen Zähne sich überhaupt?
    Um zu verstehen, weshalb es nach einer kieferorthopädischen Behandlung oder auch ohne einer solchen manchmal zu Zahnverschiebungen kommt, ist es hilfreich zu wissen, wie Zahnbewegungen allgemein ablaufen. Auch wenn der ausgewachsene Kieferknochen seine äußere Form nach Wachstumsabschluss nicht mehr ändert, befindet sich sein Inneres zeitlebens im Auf-, Ab- und Umbau. Dies ist die Grundlage dafür, dass Zahnbewegungen überhaupt möglich sind. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Zahnbewegung gezielt vom Kieferorthopäden durchgeführt wird oder, ob es sich um eine ungewünschte Verschiebung nach der kieferorthopädischen Behandlung handelt. Wenn auf einen Zahn eine Kraft wirkt, wird dieser in seinem Knochenfach ausgelenkt. Es entsteht an seiner Wurzel je eine Zug- und eine Druckseite. Der Kieferknochen reagiert darauf mit vermehrtem Knochenaufbau auf der einen und mit vermehrtem Knochenabbau auf der anderen Seite. Die Folge dieses ungleichmäßig verteilten Knochenauf- und -abbaus ist eine Zahnbewegung.
  • Welche Faktoren sind neben Weisheitszähnen an der Entstehung von Zahnverschiebungen nach Zahnspangenbehandlung beteiligt?
    Unsere Zähne sind dauernd einer Vielzahl von Kräften ausgesetzt. Die Zungenmuskulatur drückt beispielsweise von innen während die Lippenmuskulatur von außen drück. Beim Kauen, Zähneknirschen oder -pressen wirken ebenfalls Kräfte auf die Zähne. Befinden sich all diese Kräfte im Gleichgewicht, so heben sie sich gegenseitig auf und haben keine Konsequenz für die Zahnstellung. Überwiegt jedoch eine Kraft, so resultiert, wie Sie im vorherigen Abschnitt erfahren konnten eine Zahnbewegung. Da Schlucken, Sprechen, Kauen und auch Knirschen allesamt unbewusste Aktivitäten sind, ist es nicht möglich die entstehenden Kräfte genau zu berechnen oder gezielt zu beeinflussen. Eine Stabilisierung des Behandlungsergebnisses auch weit über die aktive Behandlungsdauer hinaus ist daher immer sinnvoll.
    Zähne die zu Beginn der kieferorthopädischen Behandlung sehr schief standen, haben eine gewisse Tendenz in ihre Ausgangsposition zurückzukehren. Das liegt daran, dass jeder Zahn mit vielen Fasern im Zahnbett aufgehängt ist und weitere Fasern von Zahn zu Zahn verlaufen. Bildlich kann man sich diese Fasern wie Gummibänder vorstellen. Nach der Zahnkorrektur stehen sie unter Spannung. Der endgültige Umbau der Fasern und damit der Abbau der Spannung dauert mehrere Jahre. Um diese Spannung als Ursache für Zahnverschiebungen nach Kieferorthopädie auszuschalten wird ebenfalls eine Stabilisierung der Zahnstellung weit über die aktive Behandlungszeit hinaus empfohlen.
    Des Weiteren kann das Restwachstum des Unterkiefers, welches deutlich länger andauert als das des Oberkiefers die Entstehung von erneuten Zahnfehlstellungen in der Unterkieferfront begünstigen.
    Die Vielzahl der beteiligten Faktoren und deren nur bedingte Beeinflussbarkeit macht Maßnahmen zur Stabilisierung des Behandlungsergebnisses über die Phase der aktiven Kieferorthopädie hinaus unverzichtbar.
  • Wie lässt sich eine erneute Zahnverschiebung nach erfolgter kieferorthopädischer Behandlung von vornherein vermeiden?
    Wie beschrieben reagieren Zähne auf Kräfte mit Zahnbewegung. Viele dieser Kräfte wirken beispielsweise beim Schlucken, Sprechen, Kauen oder Zähneknirschen zeitlebens und ganz unwillkürlich. Eine passive Stabilisierung der Zahnstellung über die aktive kieferorthopädische Behandlung hinaus ist daher der Schlüssel zum Erfolg.
    Durch die Verzahnung der Höcker zwischen Ober- und Unterkiefer stabilisieren sich die Seitenzähne meist gegenseitig. Mehr Aufmerksamkeit fordern hingegen die Schneidezähne.
    Diese haben runde Wurzeln, kleine Kontaktpunkte und keine Höcker zur sicheren Verzahnung. Folglich besteht hier ein erhöhtes Risiko für Verschiebungen der Zähne.
    Um erneute Zahnverschiebungen im Frontzahngebiet sicher zu vermeiden sind zusätzliche Hilfsmittel erforderlich. Als besonders praktikabel haben sich sogenannte Kleberetainer erwiesen. Ein Retainer ist ein kleiner Draht, der im Anschluss an die kieferorthopädische Behandlung unsichtbar auf der Innenseite der Schneidezähne befestigt wird. Ein Retainer ist der sicherste Weg, um die Stellung der Schneidezähne nach einer kieferorthopädischen Behandlung zu stabilisieren. Durch sein filigranes Design wird der Retainer von den meisten Patienten nach kurzer Zeit überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Richtig sauber gehalten, kann er langfristig im Mund verbleiben und die gerade Stellung der Zähne garantieren. Alternativ zum festsitzenden Retainer können herausnehmbare Zahnspangen verwendet werden. Diese werden meist nachts getragen.
  • Was kann ich tun, wenn meine Zähne sich nach erfolgter kieferorthopädischer Behandlung wieder verschoben haben?
    Wenn kein Retainer oder lockere Zahnspangen zur Stabilisierung verwendet wurde und Zähne sich bereits wieder verschoben haben gibt es zwei Wege damit umzugehen:
  1. Ist die Fehlstellung gering ausgeprägt und Sie wollen lediglich eine weiter Verschlechterung der Zahnstellung vermeiden, so lässt sich meist ein Retainer einsetzen und so der Ist-Zustand stabilisieren.
  2. Besteht der Wunsch die aufgetretene Zahnverschiebung zurückzuführen so führt meist kein Weg an einer Zahnspange vorbei. Für die Zahnkorrektur stehen von der klassischen bis zur unsichtbaren Zahnspange die unterschiedlichsten Methoden zur Verfügung. Erfahren Sie mehr dazu im Beitrag „Welche Zahnspange gibt es eigentlich“.

 

Kieferorthopäde Dr. Fabian von Rom

Dr. Fabian von Rom
Fachzahnarzt für Kieferorthopädie

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3 Kommentare
  1. Pingback: Zahnfehlstellung - Ursachen, Arten & Folgen - Dr. von Rom

  2. Antworten
    Praxis Dr. von Rom

    Per Ferndiagnose können Ihre Fragen leider nicht korrekt beantwortet werden. Zur Bestimmung der Möglichkeiten in Ihrem individuellen Fall sind eine Untersuchung und ein persönliches Kennenlernen nötig. Vereinbaren Sie dafür gerne einen Termin in unserer Fachpraxis für Kieferorthopädie in München – Unterföhring. Viele Grüße

  3. Antworten
    Praxis Dr. von Rom

    Weisheitszahnextraktionen sind nur selten rein kieferorthopädisch zu begründen. Zur Verhinderung von Zahnverschiebungen kann ein Retainer ein probates Mittel sein. Am Ende handelt es sich aber immer um eine individuelle Entscheidung, die mit dem Behandler zu diskutieren ist.

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